31.10.2022
Inhalt dieses Artikels
Das Phänomen ist auf dem Immobilienmarkt zwar eher eine Randerscheinung, aber die Frage „Was ist eigentlich ein Tiny House“ begegnet uns im Berufsalltag seit geraumer Zeit häufiger. In diesem Artikel geben wir Ihnen daher gerne eine umfassende Einführung in dieses, wie Sie sehen werden, gar nicht so „kleine“ Thema.
Zunächst zur Definition eines „Tiny Houses“: Wörtlich übersetzt heißt der englische Begriff „kleines“ oder „winziges“ Haus. Eine allgemein gültige Regel, bis zu welcher Wohnraumgröße man von einem Tiny House spricht, gibt es zumindest hierzulande aber nicht. Beim Bezeichnen selbst ist man ebenfalls flexibel: Oft begegnen uns im Deutschen auch die Bezeichnungen Mini-, Klein- oder Mikrohaus.
In den USA, wo die Small-House-Bewegung ihren Anfang nahm, ist die Definition hingegen eindeutig: Jedes Eigenheim mit weniger als 37 m² Wohnfläche gilt dort als Tiny House. Bei uns lautet die Faustregel: „Tiny“ bedeutet meist weniger als 50 m² Wohnfläche. Darüber spricht man – bis zu einer Größe von 90 m² – von einem „Small House“.
Derweil, ob Sie sich in Übersee oder Europa befinden: Minihäuser gelten zumeist auch als Ausdruck eines Lebensgefühls. Ein guter Grund, dieses Thema genauer für Sie zu beleuchten.
Das erwartet Sie in diesem Artikel:
- Wir erläutern die amerikanischen Ursprünge des „Small House Movement“.
- Sie erhalten einen ersten Einblick, welche Varianten an Mikrohäusern es gibt.
- Wir geben Ihnen eine Orientierung bezüglich des Themas Genehmigungen.
- Sie bekommen Einsteiger-Tipps rund um den Kauf.
- Sie lernen die Vor- und Nachteile von „Tinyhousing“ kennen.
Wie alles begann: das Tiny House Movement in den USA
Wie so oft gibt es nicht den einen Grund dafür, warum eine bestimmte Art des Wohnens seine Fans findet. Verschiedene Faktoren haben dazu geführt, dass Menschen das Leben auf kleinem Raum als favorisierte Wohnform für sich entdeckt haben. Es mag zunächst verwundern, dass diese Entwicklung ausgerechnet in den USA begann. Ein Land, dass nicht gerade für die Philosophie „Small is beautiful“ bekannt ist.
Im Jahr 2015 lag die durchschnittliche Wohnraumgröße in den USA nach Angaben des amerikanischen Fondsanbieters Jamestown schließlich noch bei geräumigen 230 m² pro 2,5 Personen in einem Einfamilienhaus. Aber dann kam die Immobilienkrise 2008 – und es wurde für viele Amerikanerinnen und Amerikaner zu einer finanziellen Notwendigkeit, sich räumlich zu verkleinern.
Dieser primär ökonomische Handlungsdruck ist heute nicht mehr die treibende Kraft, um Tiny-House-Ideen als Single, Paar oder sogar Familie in die Tat umzusetzen. Es kam nach und nach zu einem Sinneswandel: Heute steht ein Minihaus eher für eine „Downsizing“-Einstellung, die ein bewusst aufs Wesentliche reduziertes Leben in den Mittelpunkt stellt.
Ökologie und Selbstverwirklichung stehen im Mittelpunkt; man drückt aus, dass man umweltbewusst und anders als der Durchschnitt – abseits des „Mainstreams“ – leben möchte.
Kleine, doch feine Unterschiede – die drei Minihaus-Typen im Überblick
Es gibt verschiedene Arten von Minihäusern, die jeweils mit entsprechenden Regelungen und Rahmenbedingungen verbunden sind.
Die Tiny-House-Varianten im Überblick:
- Feststehend als Gebäude. Sobald Ihr Häuschen fest mit der Erde verbunden ist, sind die Landesbauordnungen der einzelnen Bundesländer zuständig. Eventuell kann dann – je nach Regelung vor Ort – eine Baugenehmigung erforderlich sein.
- Modulhaus. Hier werden verschiedene Module in Holzbauweise zu einem Fertighaus zusammengefügt und schlüsselfertig übergeben. Diese Variante ist mit einem feststehenden Gebäude gleichzusetzen.
- Dach-Haus. Eine spannendes Zukunftskonzept für Städte, in denen neu bebaubare Flächen rar sind: Sehr leichte und kompakte Häuser, in diesem Fall häufig „Cabins“ genannt, ließen sich direkt auf den Flachdächern bereits bestehender Hoch- und Familienhäuser aufsetzen. Die Idee dahinter ist, dass man alleine in Großstädten viele Tausend Quadratmeter Wohnfläche gewinnen könnte, und das mit relativ moderatem Aufwand.
- Mobil auf Rädern. Auch diese ungewöhnlich erscheinende Variante gibt es. In diesem Fall gilt Ihr rollendes Zuhause – rechtlich gesehen – als Fahrzeug bzw. „Anhänger mit Sonderaufbau“. Und das heißt: Der TÜV oder die DEKA müssen offiziell die Zulassung für den Straßenverkehr erteilen. Wenn Sie Ihr kleines Eigenheim allerdings auf einen Hänger verladen können, gilt es tatsächlich als „abnehmbare Ladung“ – dies ist aber ein eher die Ausnahme.
Tiny House genehmigen lassen: Art und Ort entscheiden
Gerade die Frage nach der Genehmigungspflicht ist oftmals Thema, daher wollen wir hier etwas näher darauf eingehen. Die entscheidende Frage ist, wie Sie Ihr Mini-Domizil nutzen möchten. Bei einer Wohn-, Ferien- oder Wochenendhausnutzung ist grundsätzlich eine Baugenehmigung erforderlich, die vom örtlichen Bauamt ausgestellt wird.
Dabei müssen Sie unter anderem sicherstellen, dass eine Strom- und Wasserversorgung sowie eine Müllentsorgung gewährleistet ist. Wer sein Mikrohaus indessen auf einem Campingplatz aufstellen will, muss sich zwar nicht mit Bauämtern abstimmen, dafür aber gemäß der Campingverordnungen des Bundeslandes agieren. Darin können zum Beispiel maximale Größen geregelt sein.
Es gilt also: Die Art und Weise sowie der Ort definieren, welche Anforderungen jeweils erfüllt werden müssen. Auf der Suche nach einer genehmigungsfähigen Fläche sollten Sie also zusätzliche Zeit für die Einholung aller relevanten Informationen und Genehmigungen einplanen, weswegen sich die Hinzuziehung eines Fachmanns unbedingt empfiehlt.
Nützliche Basis-Tipps für den Kauf von Minihäusern
- Testen Sie das Prinzip aus. Es gibt mittlerweile viele Anbieter, die sich auf diesen Bereich spezialisiert haben. Einige bieten sogar eine Probeübernachtung in einem Mini-Musterhaus an. Diese Chance sollten Sie nutzen, um erst einmal zu überprüfen, ob diese ungewöhnliche Wohnform tatsächlich zu Ihnen passt. Oder aber: Sie verbringen einfach Ihren nächsten Urlaub in einem Minihaus – hier finden Sie dafür einige Beispiele. Auf der Website des Tiny-House-Verbandes finden sich zudem ausgewählte Beispiele für Tiny-House-Siedlungen.
- Informieren Sie sich über die Marktpreise. Bei der Kostenhöhe sind – wie bei jedem Immobilienkauf – die persönlichen Ansprüche und Vorstellungen entscheidend. Es gibt kleinere, mobile Versionen auf Rädern mit 25 m² Wohnfläche, die zum Teil bereits ab 25.000 Euro zu haben sind. Größere Minihäuser können aber auch bis zu 150.000 Euro oder mehr kosten (Stand: Februar 2022). Angebote können natürlich auch mit Einfamilienhaus- und Mehrfamilienhaus-Angeboten verglichen werden, um sich der Frage anzunähern, ob das merklich Weniger an Platz trotzdem preislich vertretbar ist.
- Fragen Sie sich, ob ein Do-It-Yourself-Ansatz etwas für Sie ist. Was man wissen muss: Wer ein „gebrauchtes“ Kleinobjekt erwerben möchte, braucht oft etwas Glück, um fündig zu werden. Ein Neubau und der eigene kreative Einsatz ist für Minihaus-Aspiranten eher die Regel als die Ausnahme. Wer handwerklich geschickt ist, kann einige Arbeiten eventuell auch selbst übernehmen. Unterschätzen sollte man dieses Vorhaben aber nicht. In diesem Video erfahren Sie, worauf beim Selbstbau zu achten ist.
- Denken Sie voraus. Den Kauf eines Minihauses sollten Sie in jedem Fall mit der gleichen Sorgfalt planen wie den Erwerb eines größeren Objekts. Am besten gemeinsam mit einem Architekten, der auf derartige Projekte spezialisiert ist. Sie werden vielleicht feststellen: Oft gibt es bei kleinen Wohnvarianten sogar noch größere Herausforderungen, da auf engem Raum besonders clever geplant werden muss. Ganz besonders gilt das übrigens für Minihäuser, die speziell auf die Bedürfnisse von Senioren ausgerichtet werden sollen.
Vor- und Nachteile von Tiny Houses im Schnell-Check
Diese Vorteile bieten Minihäuser:
- – Oft ist weniger Kapital als bei größeren Immobilien notwendig.
- – In der Regel verbrauchen sie weniger Wasser und Energie – das spat Kosten und die Umwelt wird geschont.
- – Sie können den Aufwand für die Reinigung und Pflege Ihres Zuhauses erheblich verringern.
- – Das Konzept hilft dabei, Minimalismus zu leben. Man kann sich etwa von Ballast bei Haushaltsgeräten und Interieur befreien.
Diese Nachteile bringen Minihäuser mit sich:
- – Es kann knifflig und komplizierter sein, ein Grundstück bzw. eine Baugenehmigung zu bekommen.
- – Die Kopfhöhe ist meist relativ niedrig. Gerade größere Menschen können diesen Umstand als störend empfinden.
- – Auch ein behindertengerechter Umbau ist ggf. schwerer umzusetzen.
- – Abgetrennte Räume sind eher eine Seltenheit. Wem das wichtig ist, sollte bei der Planung entsprechend darauf achten.
- – Wer nicht alleine darin wohnt, wird eher weniger Privatsphäre erleben.
- – Auch wenn ein Mitbewohner zum Beispiel etwas unordentlicher ist, fällt das auf so engem Raum besonders schnell auf.
- – Einige Bauvarianten haben in heißen Sommern mit der Hitze zu kämpfen. Schlafzimmer liegen deshalb meist in den unteren Etagen.
- – Familien mit Kindern wachsen oft buchstäblich aus dem Minihaus heraus. Aus „gerade genug“ Platz wird mitunter schnell „viel zu wenig“ Platz.
- – Bei der Inneneinrichtung sind Kompromisse Pflicht. Oft finden sich deshalb auch viele multifunktionale Möbel in Minihäusern.
- – Ein Tiny House in Kombination mit Luxus schließt sich zwar nicht aus, ist aber eher eine Seltenheit.
Fazit: Mit einem Tiny House kann man eine auf Minimalismus ausgerichtete Lebensphilosophie in die Tat umsetzen. Vor allem die Themen Baugenehmigung und Kaufplanung sollte man dabei aber nicht unterschätzen – hier ist nicht unbedingt etwas kleiner als bei „den großen“ Immobilien. Ziehen Sie also am besten gleich zu Beginn Ihrer Projektplanung einen Experten hinzu. Darüber hinaus gilt es, sich vorher ganz bewusst mit dieser Wohnform auseinanderzusetzen und zu prüfen, ob sie wirklich zu einem passt.
Kontaktieren Sie uns jederzeit gerne über unser Kontaktformular oder telefonisch via +49 69 26 91 57-0 – oder sehen Sie sich einfach direkt in unserer Immobiliensuche nach Objekten in Ihrer Umgebung um.